Der Boden lebt: Entstehung, Funktionen und Nutzung des Erdreichs

Reine Luft, sauberes Wasser und lebendige, vielfältige Wälder sowie Biodiversität: Das sind die Ökosysteme, die wir schützen wollen, denn sie dienen uns als essentielle Lebensgrundlage. Aber was ist mit dem Boden auf dem wir stehen? Mit seinen Eigenschaften und unzähligen Lebewesen erbringt er wertvolle Dienstleitungen für Mensch und Natur. Ein Grund, sich näher mit dem Thema Boden und Bodenlebewesen zu beschäftigen.


Ein gesunder Boden ist von unzähligen Lebewesen bewohnt, die alle eine bestimmte Rolle einnehmen.


Was ist Boden und wie entsteht er?

Boden ist die belebte oberste Schicht der Erdkruste, die wenige Zentimeter bis Meter dick sein kann. Je nach Ausgangsgestein, Vegetation, Klima, Witterung, anthropogenen Einflüssen und Bodenleben teilt sich ein Boden in mehrere Horizonte auf, die von der Bodenoberfläche bis zum Ausgangsgestein reichen. Für die Entstehung von 1 Meter Boden vergehen rund 10 000 – 20 000 Jahre. In unseren Breitengraden wird etwa 0,1 mm neuer Boden pro Jahr gebildet. Die oberste Bodenschicht besteht aus Humus, der durch die Zersetzung und Verwitterung von Pflanzenrückständen entsteht und besonders reich an Nährstoffen ist.

Welche Funktionen und Leistungen übernimmt der Boden?

● Filtrierung, Speicherung und Regulation von Wasser und Nährstoffen
Wie ein Schwamm ist der Boden mit einem Porensystem durchsetzt. Er speichert Nährstoffe und Regenwasser, das er langsam an Gewässer und Pflanzen abgibt und so Überschwemmungen vorbeugt. Ein gesunder Boden filtriert und bindet Schadstoffe und schützt das Grundwasser vor Verunreinigungen. 40 % des Schweizer Trinkwassers wird übrigens aus Grundwasser gewonnen.

● Speicherung von Kohlenstoff
Böden sind in der Lage, enorme Mengen an CO2 zu speichern. Aber nicht jeder Boden speichert gleich viel Kohlenstoff. Nutzung, klimatische Bedingungen, Bodenart und dem damit verbundenen Bodenleben sowie der Humusgehalt wirken sich auf den CO2-Gehalt eines Bodens aus. Ein Hektar Ackerboden kann etwa 110 t Kohlenstoff speichern, Grünland speichert bis zu 160 t pro Hektar und Moore, die lediglich 3 % der Erdoberfläche bedecken, speichern rund 30 % des gesamten in der Erde gebundenen Kohlenstoffs. Es gilt die Regel: je humusreicher ein Boden ist, desto mehr CO2 speichert er. Die Gesundheit der Böden ist demnach ein wichtiger Faktor, um den Klimawandel zu begrenzen.

● Lebensraum für Tiere und Pflanzen
In einer Hand voll Boden leben mehr Organismen als Menschen auf der gesamten Erde. Ein Grossteil sind für uns unsichtbare Bakterien, Pilze und Algen. Schaut man genau hin, entdeckt man vielleicht die 1 – 2 mm kleinen Springschwänze. Zu den etwas grösseren und bekannteren Bodenbewohnern zählen Regenwürmer, Tausendfüssler oder Schnecken. Zusammen helfen sie durch Zerkleinern, Zersetzen und Verdauen von Streu, nährstoffreichen Humus zu bilden. Regenwürmer sind beispielswiese für eine gesunde Bodenstruktur unersetzbar, denn sie sorgen durch ihre Grabaktivitäten und Ausscheidungen für eine stabile Bodenstruktur. Dies wirkt der Erosion entgegen. Ohne diese Bodenlebewesen wäre die Produktion von Nahrungsmittel auf Böden nicht möglich. Regenwürmer dienen übrigens als Indikatororganismen für die Bewertung der Bodenfruchtbarkeit.

Am Beispiel Waldboden, der im Gegensatz zu landwirtschaftlich bewirtschafteten Böden weder gedüngt noch gepflügt wird, zeigt sich die Bedeutung des Bodens mit seinen Bewohnern für das gesamte Ökosystem besonders deutlich. Mehr zu Vielfalt und Funktion von Bodenlebewesen im Wald.


● Nahrungsmittelproduktion
90 % unserer Nahrungsmittel werden entweder direkt oder indirekt für die Nutztierfütterung auf Böden erzeugt. Auf 1 Hektar Boden kann eine Jahresration Brot für 120 Menschen produziert und 2 Menschen mit Milch und Fleisch (westeuropäischer Standard) ernährt werden. Insgesamt wird ein Drittel aller Böden dieser Welt für die Nahrungsmittelproduktion bewirtschaftet. Gerade in stark bevölkerten Ländern wie der Schweiz, ist er eine knappe und wertvolle Ressource.


Doppelfüsser ernähren sich vorwiegend von pflanzlichen Resten.



Pilzfäden, die den Boden durchwachsen, sorgen für eine verbesserte Nährstoffaufnahme.



Springschwänze gehören zu den Urinsekten und fressen vorwiegend verrottendes Pflanzenmaterial.


Pseudoskorpione leben räuberisch und können bis zu vier Millimeter grosse Beutetiere erlegen.



Regenwürmer fressen kleine Erdpartikel, tierische und pflanzliche Abfallstoffe, Humusstoffe, Bakterien, Algen und Pilze.


Hornmilben spielen eine wichtige Rolle bei der Streuzersetzung.


Gefahren für unsere Böden

Die grössten Gefahren für den Boden stellen eine intensive und einseitige Nutzung durch den Menschen und der Klimawandel dar. Besonders die intensive Forst- und Landwirtschaft macht unseren Böden zu schaffen. Monokulturen, mineralische Dünger, synthetische Pestizide und der häufige Einsatz schwerer Maschinen können das Bodengefüge zerstören, laugen die Böden aus und vergiften das natürliche Ökosystem. Aber auch unser Konsumverhalten verlangt dem Boden einiges ab. Der steigende Fleischkonsum, der hohe Bedarf an Energiepflanzen und nicht zuletzt Food Waste verschlingen wertvolle Landfläche, die oft viel effizienter und nachhaltiger genutzt werden könnten.

Der Klimawandel wird unter anderem auch von der Landwirtschaft angeheizt. Sie ist für etwa ein Viertel der globalen Treibhausgasemission verantwortlich. Die Auswirkungen spüren wir bereits heute. In manchen Regionen der Erde ist es so trocken geworden, dass weit und breit kein Grün mehr zu sehen ist. Unwetter und Überschwemmungen nehmen von Jahr zu Jahr zu. Fruchtbare Böden erodieren zunehmend, was sich auch in kleiner werdenden Ernteerträgen wiederspiegelt. Allein in der Schweiz gehen jedes Jahr 840'000 t Boden buchstäblich den Bach runter und schätzungsweise rund ein Drittel der Landwirtschaftsböden sind durch schwere Maschinen verdichtet. Ein weiteres Problem stellt die Bodenversiegelung durch Wohnungsbau, Industrie, Gewerbe und den Aufbau von Infrastruktur dar.